Eine Aufrechnung mit einem Kostenerstattungsanspruch ist nur dann zulässig, wenn der Kostenerstattungsanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren rechtskräftig festgesetzt ist!
Von Rechtsanwalt Martin Rößler, auch Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Sachverhalt
Die Parteien schlossen in der
mündlichen Verhandlung einen Vergleich. Die Beklagte verpflichtete sich, an die
Klägerin einen Betrag in Höhe von 27.500,00 € zu bezahlen. Die Klägerin
verpflichtete sich, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Noch am selben Tag
beantragte der Beklagte die Durchführung des Kostenfestsetzungsverfahrens. Im
Hinblick auf eine zu erwartende Kostenerstattung erklärte der Beklagte
gegenüber der Klägerin die Aufrechnung in Höhe von 6.850,00 € mit dem
Vergleichsbetrag.
Die Klägerin forderte den
Beklagten zur Zahlung des Vergleichsbetrages unter Fristsetzung auf und drohte
mit der Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich. Der Beklagte
zahlte dennoch nur einen Teilbetrag in Höhe von 20.650,00 € und erhob Klage auf
Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung wegen der erklärten
Aufrechnung mit dem zu erwarteten Kostenerstattungsanspruch. Nach der
Zustellung der Klage erging der Kostenfestsetzungsbeschluss. Die Klägerin
zahlte die festgesetzten Kosten, die Beklagte zahlte den Restbetrag aus dem
Vergleich. Die Parteien erklärten den Rechtstreit für erledigt. Das Landgericht
gab der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auf. Der Klägerin sei die
Berechnung der Kostenerstattung leicht möglich gewesen, so dass der
„dolo-agit“-Einwand des Beklagten berechtigt sei.
Entscheidung
Die Beschwerde zum OLG Bamberg
hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass die durch den Beklagten
erklärte Aufrechnung unzulässig ist, weil der Kostenerstattungsanspruch noch
nicht durch Kostenfestsetzungsbeschluss festgestellt wurde. Im Klageverfahren
kann die Aufrechnung mit einem Kostenerstattungsanspruch aus einem anderen
Prozess wirksam nur erklärt oder geltend gemacht werden, wenn der
Kostenerstattungsanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren rechtskräftig
festgesetzt oder – auch der Höhe nach – unbestritten ist. Das Prozessgericht
kann über einen nach Grund und/oder Höhe streitigen prozessualen
Kostenerstattungsanspruch nicht entscheiden. Eine Entscheidung über den Grund
steht die anderweitige Rechtshängigkeit entgegen; über die Höhe des
prozessualen Kostenerstattungsanspruchs ist ausschließlich in dem gegenüber dem
Streitverfahren völlig selbstständigen Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 103
ff. ZPO zu entscheiden.
Der Aufrechnung des Beklagten
stand auch ein Aufrechnungsverbot aus Treu und Glauben entgegen. Ein solches
Aufrechnungsverbot gegenüber einer im Vergleich titulierten Forderung ist
anzunehmen, wenn bei Vergleichsschluss eine Gegenforderung bekannt war und kein
Aufrechnungsvorbehalt vereinbart worden ist. Wer einen Vergleich schließt, kann
sich der vereinbarten Zahlung nicht durch Aufrechnung entziehen, wenn er schon
bei Abschluss des Vergleichs die Umstände, aus denen er die Aufrechnungslage
herleitet, gekannt und sich dennoch nicht ausdrücklich die spätere Aufrechnung
vorbehalten hat.
Beschluss des OLG Bamberg vom
27.01.2020, Az 8 W 81/19