Mit einer Kenntnisnahme von Schreiben, die in den Briefkasten
des Arbeitnehmers bis 17:00 Uhr eingeworfen werden, kann noch am selben Tag
gerechnet werden.
Von Martin Rößler, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Die Uhrzeit des Zugangs einer Kündigung ist entscheidend für
die Wirksamkeit der Kündigung.
Bis zu welcher Uhrzeit muss eine Kündigung in den
Briefkasten des Kündigungsempfängers eingeworfen worden sein, damit der Zugang
der Kündigung noch mit Wirksamkeit des gleichen Tages erfolgt ist?
Fall
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung.
In der vom Arbeitnehmer bewohnten Straße erfolgt die Postzustellung
üblicherweise bis 11:00 Uhr. Der Arbeitgeber warf die Kündigung an einem
Freitag um 13:25 Uhr in den Briefkasten. An dem nach Ablauf von drei Wochen
folgenden Montag reichte der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage ein.
Entscheidung
Zu spät, meinte das ArbG. Die Berufung des Arbeitnehmers
blieb auch ohne Erfolg. Die Kündigung gelte als von Anfang an wirksam, da der
Kläger die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung nicht innerhalb von drei Wochen
gemäß § 4 S. 1 KSchG geltend gemacht habe, so dass LAG Baden-Württemberg.
Die Kündigung sei noch am Tag des Einwurfs in den
Briefkasten zugegangen. Eine Willenserklärung unter Abwesenden gehe zu, sobald
sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des
Empfängers gelangt sei und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die
Möglichkeit bestünde, von ihr Kenntnis zu nehmen.
So bewirke der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang,
sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen sei.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG sei bei Hausbriefkästen mit einer
Leerung im Allgemeinen zum Zeitpunkt der üblichen Postzustellzeiten zu rechnen,
die allerdings stark variieren könnten. Für den vorliegenden Fall hätte das zur
Folge, dass die Kündigung erst einen Tag später zugegangen sei, da in der
Straße des Klägers die Postzustellung bis 11:00 Uhr vormittags beendet sei.
Darauf komme es nach Ansicht des LAG jedoch nicht an. Würde man auf die
örtlichen Zeiten der Postzustellung abstellen, würde dies dazu führen, dass
derjenige, der eine Willenserklärung jedenfalls ab dem späten Vormittag in den
Briefkasten einwerfe, keine rechtssicheren Anhaltspunkte dafür habe, ob diese
Erklärung dem Empfänger noch an dem Tag zugehen würde.
Zudem lasse sich ein Zeitpunkt der Postzustellung heute
nicht mehr einheitlich feststellen. Im Interesse der Rechtssicherheit für den
Erklärenden und zur Begrenzung der Belastungen des Erklärungsempfängers sei die
Festlegung der Uhrzeit von 17:00 Uhr an Werktagen als maßgeblicher Zeitpunkt
abgemessen, bis zu dem mit einer Kenntnisnahme am Tag des Eingangs gerechnet
werden könne.
Praxistipp
Nutzen Sie die rechtssichere Zustellung per Boten. Durch die
Zustellung per Boten kann der Zustellungszeitpunkt exakt bestimmt werden;
vertragliche oder rechtliche Fristen (z.B. Verjährungsfrist, Kündigungsfrist,
etc.) werden somit gewahrt und der Zugang der Kündigung (oder Willenserklärung)
wird mit einem Zustellungsprotokoll beweissicher protokolliert und bei Bedarf
zusätzlich dokumentiert. Das Zustellungsprotokoll dient als Nachweis der
erfolgten Zustellung und als Nachweis des erfolgreichen Zugangs. Durch das
Zustellungsprotokoll kann sowohl der Zugang der Kündigung nebst Inhalt wie auch
der Zeitpunkt des Zugangs nachgewiesen werden (Zustellungsnachweis).
LAG Baden-Württemberg, 14.12.2018 Aktenzeichen 9 Sa 69/18